26.05.2024 - Gewittertag im östlichen Schleswig-Holstein
Am heutigen Sonntag steht keine gefährliche, aber weitreichende Gewitterlage an. Vom späten Mittag bis zum Abend sollen sich fast in der gesamten Nordosthälfte Deutschlands lokal kräftige Gewitter entwickeln. Wir sind aus privaten Gründen sowieso unterwegs und begeben uns auf StormChasing-Modus, als sich gegen 13:00 die ersten Gewitter südlich von Hamburg entwickeln.
Gegen 13:40 zieht eine kleinräumige, aber kräftige Gewitterzelle etwa zwischen Winsen (Luhe) und Geesthacht in Richtung Norden über die Elbe. Wir positionieren uns nördlich von Reinbek und beobachten diese:
Auf- und Abwind sind hier schön getrennt und obwohl die Zelle wirklich nicht besonders stark ist, wirkt sie gut organisiert und visuell ansehnlich:
Wir warten, bis die Zelle fast bei uns ist, und begeben uns gegen 14:15 auf der A24 nach Osten. Es löst in jede Himmelsrichtung aus und wir wissen nicht genau, welche Zelle wir anfahren sollen:
Laut Schweizer Kurzfristmodell soll der Schwerpunkt der Gewitter die nächsten 2-3 Stunden über dem Herzogtum Lauenburg liegen, sodass wir uns auf eine sich neu entwickelnde Linie an Gewitterzellen etwa auf einer Linie Boizenburg – Mölln – Lübeck fokussieren. Nachdem wir hier zunächst gegen 14:45 bei Mölln direkt in eine sich neu entwickelnde Zelle geraten, stellen wir uns kurz vor 15:00 an ein Feld westlich von Ratzeburg und beobachten die nun geschlossene Linie, die langsam in Richtung Lübeck zieht:
Dazu mal ein aktuelles Porträt, leider einen Blitz um wenige Sekunden verpasst:
Die Linie baut direkt über dem Lübecker Stadtgebiet ordentlich an. Was auf dem Radar nach einer Hagelzelle aussieht, sehen wir aus der Ferne in Form eines ordentlichen Aufwindbereichs. Hier bildet sich um 15:30 sogar für wenige Minuten eine verdächtige Absenkung. Schäden abseits von Überflutungen wurden aus Lübeck aber nicht gemeldet:
Die Linie baut nun südlich weiter an und es formt sich eine neue Gewitterzelle nördlich von Trittau:
Wir begeben uns nun aber erstmal auf eine kleine Kaffeepause, da wir uns nicht optimal auf den Tag vorbereitet haben und sich der Magen langsam zu Wort meldet.
Gegen 16:30 machen wir uns von Ratzeburg aus wieder auf den Weg und fahren nun über die B208 nach Westen eine neue Linie an, die sich etwa entlang der A1 zwischen Ahrensburg und Bad Oldesloe nordöstlich von Hamburg entwickelt hat. Dabei müssen wir feststellen, dass laut den Verkehrsmeldungen eine Straßensperrung hinter Berkenthin besteht, da die Fahrbahn von der vorherigen Gewitterlinie überflutet wurde. So beobachten wir die Zelle gegen 16:45 zunächst wenige Kilometer vor Berkenthin aus der Ferne:
Wir testen aus, ob die Sperrung noch aktuell ist, und werden in der Tat von einem Feuerwehrmann umgeleitet. So schauen wir uns die Zelle zunächst von Göldenitz südlich von Berkenthin aus nochmal an:
Über uns entwickelt sich dabei plötzlich an einem harmlosen Cumulus eine mögliche Funnelcloud, die augenscheinlich leicht rotiert. Das hätten wir fast übersehen:
Diese Formation löst sich aber schnell wieder auf und wir beobachten die Linie in der Ferne, deren Kern jetzt etwa bei Bargteheide liegt:
Die Strukturen an der Vorderseite wirken gut organisiert und wir vermuten, dass man hier von einer näheren Position aus eine ansehnliche Böenfront beobachten könnte. Wir begeben uns daher nochmal nach Norden und wollen versuchen, die nächste Landstraße nach Westen abzubiegen, um etwas näher ranzukommen. Leider gibt es auch hier eine Sperrung aufgrund von Überflutung. Wir geben nicht auf, da die Zelle auch nicht nachlassen will, und schaffen es um 17:40 – eine halbe Stunde nach dem letzten Foto – endlich an einen geeigneten Standort. Bei Niederbüssau südlich von Lübeck beobachten wir die Zelle einen Moment:
Da die Zellen weiterhin kräftig sind und sich die Linie am Südostende sogar nochmal neu intensiviert, fahren wir bei Lübeck-Genin auf die A20 Richtung Westen:
… und am Kreuz Lübeck dann auf die A1 in Richtung Norden. Hier fahren wir der Zelle ein Stück davon und suchen einen Standort auf, an dem wir schonmal standen, als wir am 04. August 2015 bei Ratekau eine Superzelle beobachteten. Aber – alle guten Dinge sind drei – auch hier macht uns eine Straßensperrung einen Strich durch die Rechnung. Diesmal aber nicht so ärgerlich, da sich die Zelle nun doch langsam abschwächt und die optischen Strukturen nicht mehr so fotogen sind. Gegen 18:35 beobachten wir an einem Feld am Pariner Berg noch einen sogenannten „Horseshoe vortex“. Diesen „Hufeisenwirbel“ beobachtet man häufig bei Flugzeugstarts, wenn sich Wirbelschleppen um die Triebwerke legen, er kann sich aber auch spontan meist im Bereich kräftiger Gewitter entwickeln und stellt keine Gefahr dar:
Gegen 23:15 zieht dann noch ein kleines, aber kräftiges Gewitter knapp an Ratzeburg vorbei. Der Abschluss eines durchaus spannenden und abwechslungsreichen Gewittertages: